Weißensonntag (1.)
Nur einmal blühst du uns im Leben
Wie eine Wunderblume licht,
Verklärend unser Erdenstreben,
Verklärend unser Angesicht.
O Tag des Herrn, o Tag der Seele,
Wo beide sich am Herzen ruh`n,
Wo Gnade nur und keine Fehle,
Wo himmlisch unser Sein und Tun!
Ach, wer an diesem Tag gestorben,
Da Gott sein Gut, sein Gut allein!
Was Erdensorgen sich erworben,
Es ist nur Traum, es ist nur Schein.
Zu rasch bist du, o Tag, entschwunden,
Wie eine Blume rasch erbleicht;
Und doch hab` ich noch nichts gefunden,
Was diesem heil`gen Tage gleicht.
Weißensonntag (2.)
„O laßt die Kinder doch zu mir
Mit rosigreinen Wangen,
Daß ich sie segne für und für!
Mein Arm soll sie umfangen!”
„Kalt ist die Welt, das Herz ist weich —
Wer soll sie schützen, nähren?
Um sie ließ ich das Himmelreich
Mit Seligkeit und Ehren!”
„Ich will der Seele Speise sein
Auf wunderbare Weise,
Des Himmels Speise stark und rein,
für deine Pilgerreise!”
„Ich bin dein Brot, ich bin dein Wein,
Ich nähre und erfreue,
Und, will es so die Seele dein,
Auf`s Neue, stets auf`s Neue!” —
So hast du, Herr, der Kinder Herz
Zum Liebesmahl geladen,
Du Himmelshort gen Erdenschmerz,
Du Lebenshauch der Gnaden!
Noch weht im Dom des Weihrauchs Duft,
Wie Duft aus reinen Herzen,
Noch flackern in die hehre Lust
Mit Liebesglut die Kerzen.
Ob wohl nach manchem kurzen Jahr
Der Duft noch in den Herzen?
Ob noch die Minne wunderbar
Drin flammt wie Strahl der Kerzen?
Des Herz ist weich, die Welt ist kalt,
Und — flüchtigist das Leben;
Das Herz allein hat festen Halt,
Das ich dem Herrn ergeben!
O treu zu ihm, der Liebe Hort,
Die Welt ist arm an Liebe!
Herr, schiede deine Minne fort,
Was wäre, das uns bliebe?
Du Unterpfand für Grab und Tod,
Wenn Alles, Alles dunkelt,
Gib Allein einst das Morgenrot,
Das ewig, selig funkelt!
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