Dichtersehnsucht
Wenn ich entflammt im Innersten mich fühle,
Um Lust und Weh in Liedern auszuhauchen,
Daß sich das Glühn in meinen Adern kühle:
Mag oft und gern Dein edles Bild ich brauchen,
Du stiller Schwan, der Du auf dunklen Wogen
Dort rudernd kommst im Abendrot gezogen!
Zwiefach in Dir seh` ich mich selbst gedeutet:
Du schwimmest einsam auf des Teiches Spiegel,
Und was das Herz bald enget, bald erweitet,
Mußt du verschließen mit des Schweigens Siegel;
Es wollte, grausam, Deinen Schmerz zu klagen,
Ein hart Geschick die Töne Dir versagen.
So ring` auch ich nach Worten, süßen Klängen,
Mein tiefstes Sein in ihnenauszusprühen:
Gleich Quellen rauscht`s in mir, ich fühl` es drängen,
Wie Wasser sich, am Felsen brechend, mühen.
Wohl tobt es laut; doch ist`s vergeblich Streben,
Nicht Stimme kann ich meinem Herzen geben.
Im flüssigen Kristall ziehst Du die G`leise
Und hebst den Blick sehnsüchtig in die Ferne,
Als ob ein Bild sich in den Wolken weise
Und lächelnd schweb` im Reigen goldner Sterne.
O Armer, stirb! Mag auch das Bild sich zeigen,
Nie wird`s hinab in Deine Fluten steigen.
Ein Phönix schwebt`s hoch oben in den Lüften,
Im Sonnenstrahl glüht blendend sein Gefieder:
Vom Quell des Lichts taucht zu den dunkeln Grüsten
Der Flammenvogel nicht, der hehre, nieder.
Stirb nur! o stirb! Uns Beiden ist im Leben
Nicht, ihm zu nahn — erst in dem Tod gegeben!
Ja, fühlest Du den Tod Dich nah` umweben,
Dann hört man`s süß aus blauen Wellen klingen:
Hin im Gesang entströmt der Brust das Leben,
Zum Phönix fliegst Du auf des Liedes Schwingen.
O, nähm` auch mir in jener Scheidestunde
Ein milder Gott das Band von meinem Munde!
Dann wüßtet Ihr, was lang ich stumm getragen,
Unzähl`ge Tränen, hoffnungsloses Glühen,
Angstvolle Kämpfe, peinliches Entsagen,
Der Danaiden nie beendigt Mühen;
Und was der schwerste ist von allen Schmerzen: —
Der Zweifel Schlangenbiß im wunden Herzen!
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